Sonntag, 12. März 2023

Vergissmeinnicht

Titel: Vergissmeinnicht - was man bei Licht nicht sehen kann

Autor: Kerstin Gier

Reihe: Vergissmeinnicht (Band 1, Trilogie)

Sprache: deutsch 

Seiten: 480

Verlag: FISCHER Verlag

Lesereise: Matildas ist das schwarze Schaf in ihrer Familie, zumindest laut ihrer Familie. Sie sieht das selbst ein bisschen anders. Quinn ist cool beliebt und wohnt direkt nebenan und ausserdem ist Matilda schon eine ganze Weile ein bisschen verschossen in ihn. Na ja, ihr ist schon klar das sie keine Chance hat. Zumindest bis zu dem Tag, an dem Quinn einen fast tötlichen Unfall erleidet und sich danach sein Leben völlig verändert. Rein zufällig gerät Mtilda in Angelegenheiten die sie sich nie erträumt hätte. Während sie Quinn hilft den Rätseln seiner Vergangenheit auf die Spur zu kommen, muss Quinn feststellen das Grübchenface...äh Matilda, gar nicht so schlimm ist wie er immer dachte.

 

Kerstin Gier ist ja keine Unbekannte im Jugendbuchgenre. Wenn man ihren Schreibstil kennt und mag, dann bekommt man eigentlich immer eine solide Geschichte mit vielen fluffigen Elementen, aber auch einem guten Abenteuer. Genau das trifft auch auf dieses Buch zu. Etwas Neues ist, das wir die Geschichte aus zwei Perspektiven erleben können: Quinns & Matildas.

Da es sich um Urban Fantasy handelt, welches in unserer Gegenwart spielt, ist der Weltenbau natürlich zu vernachlässigen. Quinn und Matilda wohnen in einer x beliebigen Stadt und führen beide ein mehr oder weniger x beliebiges Leben. Er macht Parkour und sie wächst in einer sehr christlichen Familie auf. Beide gehen zur Schule und können sich eigentlich nicht allzu gut leiden. Alles scheint in "normalen" Bahnen zu verlaufen, bis zu Quinns Unfall, gleich am Anfang des Buches. Ich fand es sehr interessant wie die Autorin es schafft, die doch recht lange Genesungszeit von Quinn, in einer Weise aufzubauen das diese gleichzeitig schnell rumgeht, aber dennoch halbwegs realistisch dargestellt wird. Sie füllt die Monate mit Matilda und Quinns Freunden und macht ein paar Zeitsprünge die gut den Ablauf darstellen ohne zu sehr ins Detail zu gehen. 

Die Entwicklungen die sich nach Quinns Rückkehr ergeben sind, sehr elegant mit Quinns Genesung verboben und geben dem Ganzen eine halbwegs realistische Basis. Das Matilda die Geschenisse so schnell aktzeptiert ist vielleicht ein wenig fragwürdig, dennoch tut es dem Abenteuer der beiden keinen großen Abbruch. Etwas traurig war ich, über die Tatsache wie schnell Quinns Freunde abgeschossen wurden. Dies erweckte den Eindruck als würden seine Freunde den weiteren Ablauf stören. Allerdings ergab dies nicht ganz so viel Sinn, in Anbetracht das Anfangs doch recht "viel" in die Entwicklung der Beziehung dieser Figuren mit Quinn gesteckt wurde. Leider ein bisschen schade, aber es soll wohl mehr ein Matilda-Quinn Abenteuer werden. Für mich persönlich ist dies in Ordnung, sehr elegant war es allerdings nicht. 

Die Liebesgeschichte ist zum Großteil gut und glaubwürdig, nicht zu schnell, umgesetzt. Allerdings nur aus Matildas Perspektive. Quinn scheint sich dann urplötzlich in einer Szene von "wir sind halbwegs befreundet" zu "ich bin in dich verliebt" zu Entscheiden, was total eigenartig war und so gar nicht gepasst hat. Auch die Art und Weise das Matilda dann urplötzlich damit ok ist und Quinns Entscheidungen über ihren Kopf hinaus aktzeptiert, halte ich für fragwürdig. Gerade deshalb scheint dies doch etwas zu erzwingen, da Matilda an sich recht selbstsicher auftritt was ihre Wünsche und Grenzen angeht.

Die Sache mit der Prophezeihung empfand ich ein wenig fragwürdig, allerdings finden das auch andere im Buch und das macht es auf bestimmte Weise lustig. Ich kann noch nicht sagen ob dies daher ernst gemeint ist oder nur ein Witz.

Die überraschende Wende am Ende hat für mich nicht funktioniert, da ich die Storybeats dahingehend relativ leicht vorhersehen konnte. Allerdings war es völlig in Ordnung für die Art und Aufbau der Geschichte. Es gab eine Überraschung aus einem anderen ihrer Bücher, die ich sehr amüsant fand und die für Leser von Kerstin Giers anderen Werken recht lustig ist. Es gibt einen Cliffhanger am Ende, der zum weiterlesen anregt und gut eingefädelt wurde.

Im Grunde erfahren wir noch nicht all zu viel über den Saum, die Saumwesen und wie die Magie funktioniert. Da wir alles zusammen mit Quinn entdecken, bekommen wir nur Bröckchen, die das Ganze aber sehr spannend machen. Wie genau Quinns Kräfte sich zusammensetzen und ineinander spielen bleibt in diesem Buch noch unklar. Auch seine Verwandschaftsverhältnisse die hierbei wohl eine entscheidende Rolle spielen, werden nicht aufgedeckt. Es bleibt daher noch ausreichend Erkundungspotential für weitere Bände. Etwas schade war auch, dass Matilda bei diesem Thema immer ein wenig aussen vor bleiben musste. Aber ich denke, hier wird sich noch etwas in den nächsten Büchern ergeben. 😏

Quinn
neigt ein bisschen zu Übersrpungshandlungen, was wohl seinem jugendlichen Leichtsinn zu verdanken ist. Er wird ein wenig als wild und draufgängerisch dargestellt, was ich ihm aber im weiteren Verlauf nicht mehr abnehme. Dazu erscheint er dann doch etwas zu selbstreflektiert, wenn er auch nicht immer unbediengt auf die besser Lösung kommt. Dies hilft seinem Charakter eine gute Tiefe zu verleihen. Seine Perspektive auf die Geschehnisse ist immer unterhaltsam und manchmal ein klein wenig arrogant, aber dennoch glaubhaft umgesetzt. Er und Matilda geben ein gutes Paar ab.

Matilda
wird zwar immer ein wenig als schüchtern dargestellt, was sie aber eigentlch gar nicht ist. Sie vertritt ihre Meinung und kann sich schnell in verschiedenste Sitautionen ein- und zurechtfinden. Sie ergibt einen guten Gegenpol zu Quinn, ist mutig, aber auch vernünftig und hat eine gute und vorallem glaubwürdig dargestellte Beziehung zu ihrer besten Freundin Julie, was ihr an Bodenhaftung verleiht.

Lasse
bei ihm habe ich nicht verstanden, weshalb Quinn überhaupt mit ihm befreundet war. Die einzige Eigenschaft die Lasse hatte, war weinerlich zu sein, aber keinesfalls war er ein Freund. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass er als Charakter doch relativ schnell abgeschrieben war. Er tauchte zwar noch ab und an auf, aber trug nichts mehr bei. Ich hoffe nun das er auch in den anderen Bänden keine weitere Rolle mehr bekommt, sonst wäre das nicht stringent verfolgt.

Fee & Hyazinth
waren mir persönlich viel zu zuckersüß. Ich habe irgendwie immer darauf gewartet das Matilda und Quinn die beiden und deren Motive hinterfragen, was leider nicht passiert ist. Hyazinth hat eventuell noch eine andere Seite, die wir auf dem Friedhof und in einer weiteren Szene kurz sehen konnten, aber diese kam leider etwas zu kurz um ihn einen tieferen Charakter zu zuschreiben. Mit Fee konnte ich jedenfalls nichts anfangen. Generell waren aber die Fähigkeiten der beiden hoch interessant und erklären zumindest, warum Matilda & Quinn nicht hinterfragt haben. Beide hinterlassen bei mir einen etwas merkwürdigen Nachgeschmack.

Cassian & der Hutmann
Cassian kommt als Allwissender Retter oder Berater in Quinns Leben. Er stellt sich als Guter dar, aber ich kann es ihm nicht so richtig abnehmen, da er vieles geheim hält. Ich fand ihn aber als doch sehr stereotypischen Charakter wenig interessant. Das selbe gilt für den Hutmann. Er wird zwar als böse dargestellt, aber man erfährt kaum etwas und da die Fronten noch nicht geklärt sind, wirkt sein Charakter auch eher stereotyp und ohne viel Hintergrund.

Die Familien
bleiben zwar im Großen und Ganzen recht blass, allerdings sind sie doch mehr eingebunden, als wie das in vielen anderen dieser Art Bücher passiert. Quinn oder Matilda bekommen Ärger von ihren Eltern wenn etwas schief läuft und bekommen Fürsprache wenn etwas gut läuft. Ich empfand dies auch als sehr organisch und es hat auch die Beziehungen und das Abenteuer in gewisser Weise unterstützt.

Es handelt sich um ein Jugendbuch und vermutlich orientiert sich die Liebesgeschichte auch an den üblichen vorherrschenden Klischees in diesem Genre. Auf einer Weise ok, aber nicht mehr ganz zeitgemäß. Von Quinnsseite kam die Entscheidung mit dem verliebt sein viel zu aprupt und daher wenig glaubwürdig.

Die Art und Weise wie Lasse und Quinns Exfreundin abgefertigt wurden um aus der Geschichte zu verschwinden war nicht gut gelöst. Quinns Ex hatte damit scheinbar nur den Effekt Quinn selbst als Begehrenswert dastehen zu lassen. 

Ein durchaus solider Auftakt für eine neue Reihe im typischen Stil von Kerstin Gier. Wenn ich auch manchmal das Gefühl hatte das die Geschichte nicht erwachsen genug war, dann lag das nur an mir persönlich. Ich hatte beim Lesen dennoch sehr viel Spaß! Die Geschichte war unterhaltsam, im richtigen Maße emotional, nicht zu viele Beschreibungen, nicht zu wenige und die eine und andere kleine Überraschung hat mich auch ins Staunen versetzt. 

Für alle die Urban Fantasy und Portal-Magic mögen, kann ich dieses Buch uneingeschränkt empfehlen, wenn es mal ein wenig leichtere Lektüre, mit etwas mehr "Fluff" zwischendurch sein darf.


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